Merz ist auf die Unterstützung der Grünen angewiesen – sie könnten ihn im Stich lassen.
Merz benötigt die Unterstützung der Grünen, um sein umfassendes Finanzpaket umzusetzen. Doch Skepsis breitet sich aus. Eine unangenehme Niederlage steht bevor.
Berlin – Union und SPD haben am Dienstag mit der Ankündigung eines neuen Finanzpakets vor den Koalitionsverhandlungen eine echte finanzpolitische Bombe gezündet. Die Forderungen von Schwarz-Rot sorgten über die deutschen Landesgrenzen hinaus für großes Aufsehen. Der britische Economist bezeichnete dies als einen „fantastischen Start“ für Friedrich Merz. Dennoch ist dieser Start für den CDU-Chef und potenziellen nächsten Bundeskanzler alles andere als gesichert. CDU, CSU und SPD sind auf die Stimmen der Grünen angewiesen, um das Vorhaben im Bundestag umzusetzen – und in der Öko-Partei breitet sich zunehmend Zweifel aus.

Merz fürchtet um historisches Finanzpaket: Zustimmung der Grünen „vollkommen offen“
„Wie wir uns letztendlich verhalten, ist vollkommen offen“, betonte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann am Donnerstag im „Morgenmagazin“ des ZDF. Es gäbe „viele Fragen zu dem, was bisher im Raum steht“, fügte die Grünen-Politikerin hinzu. Haßelmann und ihre Co-Vorsitzende Katharina Dröge hatten bereits bei einer Pressekonferenz am Mittwoch auf Zweifel innerhalb der Grünen-Fraktion hingewiesen.
Offenbar sind viele Grünen-Abgeordnete unzufrieden damit, dass der Klimaschutz in den milliardenschweren Finanzplänen von Union und SPD keine Rolle spielt. Zudem gibt es Bedenken hinsichtlich der Umsetzung der Grundgesetzänderung. Haßelmann sprach im „Morgenmagazin“ von einem sehr komplizierten Eingriff ins Grundgesetz in mindestens drei Punkten. Viele Grünen-Politiker plädieren daher für eine grundlegende Reform der Schuldenbremse. Das Finanzpaket von Merz sieht lediglich eine Ausnahmeregelung für Verteidigungsausgaben vor.
CDU und CSU benötigen Stimmen der Grünen – Haßelmann kritisiert „Bierzeltathmosphäre“ aus Bayern
Haßelmann äußerte auch Kritik am Umgangston von CDU und CSU. Am Politischen Aschermittwoch in Passau führten vor allem CSU-Chef Markus Söder und sein Generalsekretär Martin Huber wiederholt derbe verbale Angriffe gegen die Grünen. So sagte Söder unter anderem „die Grünen hassen das Auto“ und rief dem scheidenden Wirtschaftsminister Robert Habeck hinterher: „Goodbye, gute Reise, auf Nimmerwiedersehen.“ Während die CSU die Grünen weiterhin öffentlich angreift, ist man in der kommenden Woche auf ihre Stimmen angewiesen.
„Die Bierzeltatmosphäre, die wir seit Tagen und Wochen aus Bayern hören, hat mit der Ernsthaftigkeit der Situation nichts mehr zu tun“, sagte Haßelmann auf einer Pressekonferenz am Mittwoch und forderte mehr Demut von der Union. Die Grünen haben durch die Bundestagswahl 32 Sitze im Parlament verloren, was bedeutet, dass Union und SPD auch bei vielen scheidenden Abgeordneten um Stimmen werben müssen.
Söder erhielt für seinen Auftritt auch von SPD-Chef und Verhandlungspartner Lars Klingbeil einen Rüffel. „Man demütigt sich nicht in solchen Situationen“, sagte er in der ARD-Sendung „Maischberger“ auf die Frage nach der Rede des bayerischen Ministerpräsidenten beim politischen Aschermittwoch.
Unmut der Grünen wegen Bundestagsbeitrag über Merz‘ Finanzpaket – „sehr irritierend“
Für weiteren Unmut bei den Grünen sorgte am Mittwoch ein offizieller Instagram-Beitrag des Bundestags. Dieser postete am Mittwoch eine Kachel mit den Worten „der 20. Bundestag ist nochmal gefragt!“ und wies auf die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit für die Umsetzung der Finanzpläne von Union und SPD hin. Irene Mihalic, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, bezeichnete den Vorgang gegenüber dem RND als „sehr irritierend“. Der Beitrag stelle einen „im Raum stehenden Vorschlag von CDU/CSU und SPD“ bereits als Fakt dar, ohne dass die Fraktionen darüber beraten hätten. Mihalic forderte eine Klärung von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), „damit keine Zweifel an der Überparteilichkeit der Onlinepräsenz des Parlaments aufkommen“.
Der Ältestenrat des Bundestags wird sich erst am Donnerstag damit beschäftigen, wann die benötigten Sitzungen für das Finanzpaket abgehalten werden sollen. Sollten sich die Grünen bis nächste Woche nicht mehrheitlich dafür entscheiden, den Grundgesetzänderungen zuzustimmen, wäre die Abstimmung jedoch sinnlos. Union und SPD benötigen die Zustimmung der Grünen oder der FDP für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Letztere hatte bereits angekündigt, die milliardenschweren Pläne nicht unterstützen zu wollen.
Ohne die Grünen hat Merz ein Problem – Finanzpaket könnte zum Rohrkrepierer werden
Für Merz, Söder, Klingbeil und Esken stehen also in den kommenden Tagen große Entscheidungen an. Um das Finanzpaket auf den Weg zu bringen, muss dies noch vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags am 25. März geschehen. Nach der Bundestagswahl verfügen AfD und Linke im Parlament über eine sogenannte Sperrminorität. Merz braucht also die Grünen, wenn er nicht möchte, dass sein historisches Finanzpaket zum Fehlstart wird. (fd mit Material von dpa)