Hannover 96 vs. Eintracht Braunschweig: Fan-Proteste und die Suche nach Helden | NDR.de – Sport
Stand: 09.03.2025 07:52 Uhr
Machtkampf bei Hannover 96, Boykotte von Fans auf beiden Seiten und ein hohes Polizeiaufgebot: Vor dem 182. Niedersachsenderby sind die sportlichen Aspekte in den Hintergrund gerückt. Dabei geht es für beide Zweitligisten am Sonntag vor allem um den sportlichen Erfolg.
BTSV-Trainer Daniel Scherning fasste es treffend zusammen: „Der Gegner will aufsteigen, wir wollen in der Liga bleiben.“ Für die beiden Erzrivalen steht somit nicht mehr, aber auch nicht weniger auf dem Spiel. Dass das heutige Duell in der 96-Arena (13.30 Uhr, im NDR Livecenter) alles andere als ein gewöhnliches Spiel ist, steht außer Frage.
„In jedem Derby werden Helden geboren. Auch wir haben genug Spieler, die das Potenzial haben, am Sonntag eine dieser Geschichten zu schreiben.“
BTSV-Trainer Daniel Scherning
„Das Derby ist immer etwas ganz Besonderes, da gibt es keinen Außenseiter. Es ist für uns, die Fans und die Stadt ein extrem bedeutendes Spiel“, erklärte Eintracht-Kapitän Ermin Bicakcic im NDR-Interview. „Wir müssen auf dem Platz ein Feuerwerk abbrennen.“
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Nur gut 800 Eintracht-Fans dabei
Allerdings ausschließlich auf dem Platz. In der Vergangenheit war dies beim Niedersachsenderby oft nicht der Fall, da es immer wieder zu Ausschreitungen kam. Ein Teilausschluss der Gästefans wurde politisch beschlossen. In Hannover dürfen maximal 2.541 Anhänger aus Braunschweig teilnehmen, tatsächlich werden es aber nur rund 800 sein, wie der Club am Freitag bekannt gab. Dies ist eine Form des Protests der organisierten Fanszene. Auch viele 96-Anhänger haben sich entschieden, dem Spiel fernzubleiben.
Nichts werde wie gewohnt sein, kündigte die „Rote Kurve“, der Dachverband der 96-Fanclubs, an: kein Fanmarsch zum Stadion, keine Choreografie vor dem Spiel und kein Support durch die aktive Fanszene während des Spiels. Es dürfte eine ungewohnte und ruhige Atmosphäre beim Derby werden. Beide Fanlager vereint das Motto „Fankultur unverhandelbar“.
„Das ist kein Derby mehr“
„Es gibt ein Choreoverbot und auch ein Verbot von Fanutensilien. Man kann die Stimmung nicht so erzeugen, wie man es könnte, wenn man in voller Zahl präsent ist. Das ist kein Derby mehr“, klagte ein Sprecher der Eintracht-Fans.
Braunschweig-Profi Bicakcic sieht das ähnlich: „Die Fans und die Fankultur gehören ins Stadion. Vor allem bei einem Derby. Alles muss im Rahmen bleiben, aber es hinterlässt einen seltsamen Beigeschmack.“
Außerhalb des Stadions setzt die Bundespolizei auf strikte Fantrennung bei An- und Abreise und hat zahlreiche Verbote erlassen. „Wir werden bereits bei der Anreise konsequent gegen jede Form von Gewalt und Pyroexzessen vorgehen“, erklärte Einsatzleiter Martin Kröger. Auch mögliche „Drittortsauseinandersetzungen“ wurden in der Einsatzplanung berücksichtigt, teilte die Polizeidirektion Hannover mit. Nach dem Hinspiel im vergangenen Oktober hatten etwa 50 Hannover-Fans mehr als 100 Braunschweiger Anhänger in einer Gaststätte rund 15 Kilometer vom gut abgesicherten Stadion überfallen.
Im Hinspiel triumphierte Braunschweig
Ausblenden lautet das Motto für beide Mannschaften. „Wir müssen uns auf das konzentrieren, was auf dem Platz passiert“, sagte Scherning. Das Hinspiel, das mit einem 2:0-Sieg im eigenen Stadion endete, ist noch gut in Erinnerung: „Dort haben wir gezeigt, was wir in einem Derby leisten können: Disziplin, Widerstandsfähigkeit, Stressresistenz, Tempo und Zielstrebigkeit Richtung gegnerisches Tor – darauf wird es ankommen. Die Mannschaft, die diese Punkte besser umsetzt, wird das Spiel gewinnen.“
„Die Eintracht weiß natürlich, dass unsere Mannschaft die bessere ist.“
96-Trainer André Breitenreiter
Wer das sein wird, ist für André Breitenreiter offensichtlich. „Die Eintracht weiß natürlich, dass unsere Mannschaft die bessere ist“, sagte der 96-Trainer. „Sie werden versuchen, uns in Zweikämpfe zu verwickeln, um eine gewisse Emotionalität zu erzeugen. Dem müssen wir entgegenhalten, um die Gegner mit unserer spielerischen Qualität Schachmatt zu setzen.“
Schwer könnte für ihn und 96 das Fehlen der gesperrten Leistungsträger Fabian Kunze und Enzo Leopold wiegen. Breitenreiter wollte jedoch „nicht jammmern. Wir haben Optionen und können sie ersetzen“.
Kind: „Wir wollen und müssen gewinnen“
Seit dem Amtsantritt seines Nachfolgers Stefan Leitl hat 96 kein Spiel verloren, jedoch viele Unentschieden gesammelt. Kollege Scherning lobte Hannover als „sehr diszipliniert spielende Mannschaft mit viel Tempo und mehr Tiefgang“. Die Rückkehr in die Bundesliga ist das gemeinsame Ziel.
„Der Aufstieg ist noch in Reichweite, wir wollen und müssen gewinnen“, betonte der langjährige Geschäftsführer und Gesellschafter Martin Kind. Der 80-Jährige mag zwar nicht mehr an vorderster Front der Entscheidungen stehen, ist aber immer noch tief in den Machtkämpfen hinter den Kulissen von 96 verwickelt, die vor dem Derby wieder aufflammen. Aktuell befindet sich die Suche nach einem Geschäftsführer in der entscheidenden Phase und es geht um nicht weniger als die Lizenz.
Sportlich setzt der Unternehmer auf Breitenreiter („Mit seiner Arbeit bin ich persönlich zufrieden“), unter dem die Hannoveraner noch ungeschlagen sind. „Diese Serie wollen wir fortsetzen, dann sind wir hoffnungsvoll“, so Kind. Vor allem im Derby im eigenen Stadion, in dem so viel auf dem Spiel steht.
Die möglichen Aufstellungen:
Hannover 96: Zieler – Knight, Halstenberg, Neumann – Muroya, Tomiak, Wdowik – Nielsen, Rochelt – Ngankam, Tresoldi
Eintracht Braunschweig: R. Hoffmann – Ivanov, Bicakcic, Ehlers – Rittmüller, S. Köhler, Di Michele Sanchez – Tempelmann, Kaufmann – Philippe, Szabo
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