Ruanda: Ein Land im Spannungsfeld von Konflikt und Sport

Der Präsident Ruandas, Paul Kagame, plant, das Land durch hohe Sportinvestitionen positiv darzustellen.
Quelle: Imago
Kontroversen um die Ruanda-Tour der Radprofis
Ruanda sieht sich Vorwürfen bezüglich Menschenrechtsverletzungen und der Verantwortung für die Kriegsverbrechen im Nachbarland Kongo gegenüber. Kann die Sportwelt in einem Gebiet, das von Konflikten betroffen ist, echte Gastgeber sein? Diese Fragen tauchen anlässlich der bevorstehenden Ruanda-Tour der Radprofis, die am Sonntag beginnt, auf.
Gianni Infantino – Funktionär, Strahlemann, Fußball-Autokrat. Der Mann, der die Korruption im Fußball bekämpfen wollte und dabei die FIFA zu seinem Hofstaat gemacht hat.
18.12.2023 | 14:30 min
Jürgen Foré, der Chef des belgischen Rennteams Soudal-Quick-Step, das seine Teilnahme im Gegensatz zu anderen Topteams abgesagt hat, äußerte sich:
Der Start und das Ziel der Etappe lägen in einer Risikozone, ebenso unser Teamhotel. Wir waren besorgt. Und wenn unsere Sicherheit nicht zu 100 Prozent gewährleistet werden kann, werden wir nicht teilnehmen.
Jürgen Foré, Chef des belgischen Soudal-Quick-Step-Rennstalls
Absage der Rad-WM in Ruanda droht
Eine Etappe endet 15 Kilometer entfernt von der ostkongolesischen Millionenstadt Goma, die Ende Januar der „M23“-Miliz in die Hände gefallen ist. Diese besteht hauptsächlich aus der in Ruanda einflussreichen Ethnie der Tutsi und führt – offenbar von Ruanda aus mit Waffen und Soldaten unterstützt – Krieg gegen kongolesische Regierungseinheiten. Dies wird als „Kriegserklärung“ Ruandas angesehen, sagte die kongolesische Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner. Ruanda ist somit verantwortlich für 700.000 Flüchtlinge und Tausende von Toten.
Im Kongo haben die Rebellen eine einseitige Waffenruhe verkündet. Die vom Nachbarland Ruanda unterstützte Rebellenmiliz hatte die Millionenstadt Goma eingenommen.
04.02.2025 | 0:22 min
Nur kleine Eliten profitieren von Autokrat
Der Weg Ruandas zum Vorzeigestaat ist steinig. In der ehemaligen deutschen Kolonie ereignete sich 1994 einer der schlimmsten Völkermorde. Mitglieder der hutu-dominierenden Mehrheit töteten etwa 800.000 Menschen der tutsi-minorität. Tutsi-Rebellen der RPF setzten sich letztlich gewaltsam durch, und seit 2000 regiert der ehemalige RPF-Kämpfer Paul Kagame.
Am 7. April 1994 begann das Massenmorden durch von der damaligen Regierung angestachelte Milizen der Hutu-Volksgruppe – mindestens 800.000 Menschen getötet.
08.04.2024 | 4:35 min
Unter der Herrschaft des Autokraten hat das Land einen wirtschaftlichen Aufschwung erfahren – von dem jedoch nur eine kleine Elite profitierte, während viele Menschen in bitterer Armut leben. Die politische Opposition wird brutal unterdrückt. Weltweit soll Ruanda laut Kagames Plan als Nation des Fortschritts bekannt werden – und nicht als das dunkle Herz Afrikas. Dafür greift Kagame auf klassisches „Sportswashing“ zurück.
Der Startschuss fiel mit der Ruanda-Tour, für die Millionen Lizenzeinnahmen an den Weltverband fließen. Im Gegenzug schwärmen Radstars wie Chris Froome („Es ist ein großartiges Event“) unkritisch. Die Formel 1 plant sogar, unter Kagames Regie eine neue Strecke zu bauen, was Königsklassen-Chef Stefano Domenicali begeistert:
Wir wollen unbedingt nach Afrika, aber es braucht die richtige Strategie und Investment.
Formel-1-Boss Stefano Domenicali
Ruanda investierte auch in Topklubs und bewarb sich auf deren Ärmeln. Zuerst hieß es bei Arsenal „Visit Rwanda“, später bei PSG, und mittlerweile sind die Afrikaner „Platin-Partner“ der Bayern. Deren Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen kündigte zuletzt nach öffentlicher Kritik an, die Beziehungen zu überprüfen.
Sponsoring zur Verschleierung von Gewalttaten
Es werden immense Marketingkosten aufgewendet, die nur auf den ersten Blick geringe Erträge bringen – nur etwa 2.000 deutsche Touristen haben Ruandas Gorillas zuletzt jährlich besucht. „Dieses Sponsoring“, äußerte die Oppositionspolitikerin Carine Kanimba im ARD-Podcast „Sport Inside“, „ist vielmehr der Versuch, Gewalttaten zu verschleiern.“ Und einige bekannte Persönlichkeiten halten diesen Schleier.
2019 fand in Kigali eine „Anti-Korruptions-Gala“ statt, die Ruanda gemeinsam mit Katar ausrichtete. Zu den glänzenden Gästen auf der Bühne zählte: Gianni Infantino. Der FIFA-Chef kam 2023 erneut zurück – mit dem gesamten FIFA-Kongress.

Quelle: Reuters
Quelle: SID, Christoph Leuchtenberg