Ruanda: Ein Land im Spannungsfeld von Konflikt und Sport

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Paul Kagame

Der Präsident Ruandas, Paul Kagame, plant, das Land durch hohe Sportinvestitionen positiv darzustellen.

Quelle: Imago


Gianni Infantino und die Führer der FIFA versammelten sich feierlich in Ruanda, bald werden die Weltstars des Radsports folgen, der FC Bayern wirbt großzügig und auch die Formel 1 zeigt Interesse an Afrikas neuem Sportwunderland: Der kleine Staat am Kiwusee strebt danach, sich zu einem bedeutenden Akteur im Stil der arabischen Länder zu entwickeln. Dies könnte ihn nach Katar und Saudi-Arabien zu einem weiteren umstrittenen Fall machen.

Kontroversen um die Ruanda-Tour der Radprofis

Ruanda sieht sich Vorwürfen bezüglich Menschenrechtsverletzungen und der Verantwortung für die Kriegsverbrechen im Nachbarland Kongo gegenüber. Kann die Sportwelt in einem Gebiet, das von Konflikten betroffen ist, echte Gastgeber sein? Diese Fragen tauchen anlässlich der bevorstehenden Ruanda-Tour der Radprofis, die am Sonntag beginnt, auf.

Der Präsident des Weltfußballverbands Fifa Gianni Infantino blickt geradeaus. Er trägt ein Sakko über offenem weißem Hemd. Er ist neben einem großen Fragezeichen zu sehen. Das Foto ist grün-gelb eingefärbt.

Gianni Infantino – Funktionär, Strahlemann, Fußball-Autokrat. Der Mann, der die Korruption im Fußball bekämpfen wollte und dabei die FIFA zu seinem Hofstaat gemacht hat.
18.12.2023 | 14:30 min


Jürgen Foré, der Chef des belgischen Rennteams Soudal-Quick-Step, das seine Teilnahme im Gegensatz zu anderen Topteams abgesagt hat, äußerte sich:

Der Start und das Ziel der Etappe lägen in einer Risikozone, ebenso unser Teamhotel. Wir waren besorgt. Und wenn unsere Sicherheit nicht zu 100 Prozent gewährleistet werden kann, werden wir nicht teilnehmen.


Jürgen Foré, Chef des belgischen Soudal-Quick-Step-Rennstalls

Absage der Rad-WM in Ruanda droht

Eine Etappe endet 15 Kilometer entfernt von der ostkongolesischen Millionenstadt Goma, die Ende Januar der „M23“-Miliz in die Hände gefallen ist. Diese besteht hauptsächlich aus der in Ruanda einflussreichen Ethnie der Tutsi und führt – offenbar von Ruanda aus mit Waffen und Soldaten unterstützt – Krieg gegen kongolesische Regierungseinheiten. Dies wird als „Kriegserklärung“ Ruandas angesehen, sagte die kongolesische Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner. Ruanda ist somit verantwortlich für 700.000 Flüchtlinge und Tausende von Toten.

Demokratische Republik Kongo, Goma: Mitarbeiter des Roten Kreuzes legen in Goma, Demokratische Republik Kongo, die Leichen von Opfern der Kämpfe zwischen den kongolesischen Regierungstruppen und den M23-Rebellen in einen Lastwagen.

Im Kongo haben die Rebellen eine einseitige Waffenruhe verkündet. Die vom Nachbarland Ruanda unterstützte Rebellenmiliz hatte die Millionenstadt Goma eingenommen.
04.02.2025 | 0:22 min


Der Präsident des Weltverbandes, David Lappartient, möchte sich bei der Ruanda-Rundfahrt ein Bild von der Lage machen. Eine Absage der bevorstehenden Rad-WM im September, die erste in Afrika, wäre der schlimmste Fall. Für Lappartient, der Nachfolger von IOC-Chef Thomas Bach werden möchte, und für den Veranstalter. „Ruanda ist ein sicheres Reiseziel“, erklärt trotzig Regierungssprecherin Yolande Makolo.

Nur kleine Eliten profitieren von Autokrat

Der Weg Ruandas zum Vorzeigestaat ist steinig. In der ehemaligen deutschen Kolonie ereignete sich 1994 einer der schlimmsten Völkermorde. Mitglieder der hutu-dominierenden Mehrheit töteten etwa 800.000 Menschen der tutsi-minorität. Tutsi-Rebellen der RPF setzten sich letztlich gewaltsam durch, und seit 2000 regiert der ehemalige RPF-Kämpfer Paul Kagame.

Rwanda marks the 30th anniversary of the 1994 Genocide, in Kigali

Am 7. April 1994 begann das Massenmorden durch von der damaligen Regierung angestachelte Milizen der Hutu-Volksgruppe – mindestens 800.000 Menschen getötet.
08.04.2024 | 4:35 min


Unter der Herrschaft des Autokraten hat das Land einen wirtschaftlichen Aufschwung erfahren – von dem jedoch nur eine kleine Elite profitierte, während viele Menschen in bitterer Armut leben. Die politische Opposition wird brutal unterdrückt. Weltweit soll Ruanda laut Kagames Plan als Nation des Fortschritts bekannt werden – und nicht als das dunkle Herz Afrikas. Dafür greift Kagame auf klassisches „Sportswashing“ zurück.

Der Startschuss fiel mit der Ruanda-Tour, für die Millionen Lizenzeinnahmen an den Weltverband fließen. Im Gegenzug schwärmen Radstars wie Chris Froome („Es ist ein großartiges Event“) unkritisch. Die Formel 1 plant sogar, unter Kagames Regie eine neue Strecke zu bauen, was Königsklassen-Chef Stefano Domenicali begeistert:

Wir wollen unbedingt nach Afrika, aber es braucht die richtige Strategie und Investment.


Formel-1-Boss Stefano Domenicali

Ruanda investierte auch in Topklubs und bewarb sich auf deren Ärmeln. Zuerst hieß es bei Arsenal „Visit Rwanda“, später bei PSG, und mittlerweile sind die Afrikaner „Platin-Partner“ der Bayern. Deren Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen kündigte zuletzt nach öffentlicher Kritik an, die Beziehungen zu überprüfen.

Sponsoring zur Verschleierung von Gewalttaten

Es werden immense Marketingkosten aufgewendet, die nur auf den ersten Blick geringe Erträge bringen – nur etwa 2.000 deutsche Touristen haben Ruandas Gorillas zuletzt jährlich besucht. „Dieses Sponsoring“, äußerte die Oppositionspolitikerin Carine Kanimba im ARD-Podcast „Sport Inside“, „ist vielmehr der Versuch, Gewalttaten zu verschleiern.“ Und einige bekannte Persönlichkeiten halten diesen Schleier.

2019 fand in Kigali eine „Anti-Korruptions-Gala“ statt, die Ruanda gemeinsam mit Katar ausrichtete. Zu den glänzenden Gästen auf der Bühne zählte: Gianni Infantino. Der FIFA-Chef kam 2023 erneut zurück – mit dem gesamten FIFA-Kongress.

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Quelle: Reuters


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Quelle: SID, Christoph Leuchtenberg

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