Alexander S.: „Sieg Heil aus Deutschland“, schrieb der Amokläufer aus Mannheim im Jahr 2018.

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Warum brachte der 40-jährige Alexander S. in Mannheim zwei Menschen um? Informationen aus seiner Vergangenheit könnten Spekulationen über ein mögliches politisches Motiv anheizen. WELT hat die Hintergründe recherchiert.

Der mutmaßliche Amokfahrer von Mannheim, Alexander S., wurde im Jahr 2018 vom Amtsgericht Weinheim zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Der Grund dafür war, dass S. auf Facebook unter einem Bild von Adolf Hitler den Kommentar „Sieg Heil from Germany“ hinterlassen hatte. Dies geht aus einem Strafbefehl hervor, der WELT vorliegt.

Es handelt sich dabei um einen Gruß der NSDAP. S. habe „keine Distanzierung von den Zielen der Organisation erkennen“ lassen, urteilt das Gericht. Bereits am Montag berichtete WELT über die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen den Paragraphen 86a, der die „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ unter Strafe stellt.

Die neuen Informationen dürften die Diskussion über ein mögliches politisches Motiv des Täters anfeuern. Am Mittwoch berichteten mehrere linke Recherchegruppen, darunter „Exif Recherche“, über eine rechtsextreme Vergangenheit von Alexander S. So soll er in internen Listen der Reichsbürger-Gruppe „Ring Bund“ aufgeführt sein. Im Jahr 2022 wurden zwei Mitglieder der Gruppierung vor dem Landgericht München wegen unerlaubten Handeltreibens mit Schusswaffen und unerlaubtem Erwerb von Kriegswaffen zu Haftstrafen verurteilt.

Diese Personen sollen Waffen, darunter eine vollautomatische Maschinenpistole und Pumpguns, in Kroatien beschafft und nach Deutschland gebracht haben. Das Gericht stellte jedoch fest, dass keine Beweise vorliegen, „dass der Erwerb und die Weitergabe der Waffen mit dem Ziel erfolgten, rechtsextremistische Taten zu begehen“.

Auch Alexander S. war offenbar ein Waffenenthusiast. Dies zeigen Profile in sozialen Medien. Auf einem Bild im russischen Netzwerk „VK“ posierte er beispielsweise mit einer Sportwaffe samt Zielfernrohr. Im Jahr 2010, im Alter von 25 Jahren, wurde er vom Amtsgericht Weinheim wegen des unerlaubten Führens einer Schusswaffe zu 20 Tagessätzen verurteilt.

WELT liegen die Details vor: Polizisten entdeckten, dass S. am 12. September 2010 um 00:15 Uhr eine 9-Millimeter-Schreckschusspistole der Marke Reck Miami bei sich führte. Zu diesem Zeitpunkt befand sich S. auf dem Schulgelände eines Gymnasiums in Ladenburg, Baden-Württemberg. Der erforderliche kleine Waffenschein lag ihm nicht vor. Die Waffe wurde daraufhin sichergestellt.

Hinweise auf eine mögliche rechtsextreme Gesinnung liefern Videos und Fotos einer Demonstration im Oktober 2018 in Berlin. Damals nahm Alexander S. an einer Kundgebung des rechtsextremen Vereins „Wir für Deutschland“ teil. Ein Video zeigt, wie S. bei einer Rede des ehemaligen „Wir für Deutschland“-Anführers Kay Hönicke im Publikum steht. Er hält eine schwarz-goldene Flagge in der Hand. Während der Rede skandierten die Anwesenden „Lügenpresse“ und „Merkel muss weg“. An dem späteren Demozug nahmen auch überzeugte Neonazis teil, die ein Banner mit der Aufschrift „N.S. Havelland, Frei, Sozial, National“ trugen.

Die Staatsanwaltschaft geht derzeit nicht von einem politischen Motiv beim Vorfall in Mannheim aus. Nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen fuhr S. am Montag gegen 12:15 Uhr mit seinem Kleinwagen mit hoher Geschwindigkeit über die Straße „Planken“ in Richtung Paradeplatz. Dabei erfasste er – mutmaßlich absichtlich – mehrere Personen. Zwei der Opfer, eine 83-jährige Frau und ein 54-jähriger Mann, starben.

Nach WELT-Informationen gibt es Hinweise auf erhebliche psychische Probleme. Im August des vergangenen Jahres ließ sich Alexander S. selbst in ein Krankenhaus einweisen. Dabei soll er geäußert haben, dass er einen Benzinkanister über sich ausgießen wollte, um sich selbst anzuzünden.

Wir sind das WELT-Investigativteam: Haben Sie Hinweise zu Alexander S. oder ähnlichen Themen für uns? Dann melden Sie sich gerne, auch vertraulich – per E-Mail oder über den verschlüsselten Messenger Threema (X4YK57TU).

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