ARD-Umfrage zur Vorwahl: Hamburger SPD strebt trotz Rückgängen nach einem Sieg

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Stand: 20.02.2025 18:00 Uhr

Nach der Bürgerschaftswahl am 2. März bleibt Hamburg voraussichtlich eine Hochburg der SPD. Laut ARD-Vorwahlumfrage liegen die Sozialdemokraten klar vorn, während CDU und AfD ebenfalls Zuwächse verzeichnen können.

Florian Riesewieck

Sieben Jahre lang haben Olaf Scholz und Peter Tschentscher gemeinsam regiert. Scholz war Erster Bürgermeister, Tschentscher sein Finanzsenator. Nach sieben Jahren treten die beiden Sozialdemokraten jetzt getrennt zur Wiederwahl an, in unterschiedlichen Wahlen und mit diversem Kontext.

Während Scholz bei der Bundestagswahl an diesem Sonntag auf ein Wunder hoffen muss, um Kanzler zu bleiben, schaut Tschentscher optimistisch auf seine Chance, Erster Bürgermeister der Hansestadt zu bleiben.

Laut der von infratest dimap durchgeführten ARD-Vorwahlumfrage fällt die SPD zehn Tage vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg zwar stärker im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren, als sie 39,2 Prozent erhielt. Mit derzeit 32 Prozent haben sie jedoch weiterhin einen Vorsprung auf die Grünen (18 Prozent) und die CDU (17 Prozent), die angesichts ihres historischen Tiefstwerts von 11,2 Prozent vor fünf Jahren mit Zugewinnen rechnen dürfen. Die Grünen könnten im Vergleich zu 2020 (24,2 Prozent) Rückgänge hinnehmen müssen.

FDP, Volt und BSW wohl unter Fünf-Prozent-Hürde

AfD und Linkspartei würden aktuell jeweils auf zehn Prozent kommen und sich im Vergleich zu 2020 verbessern: Die Linkspartei (damals 9,1 Prozent) leicht, die AfD (damals 5,3 Prozent) deutlich.

Auf jeweils drei Prozent und somit unterhalb der Mandatsschwelle lägen gegenwärtig die FDP (2020: 4,9 Prozent), Volt (2020: 1,3 Prozent) sowie das Bündnis Sahra Wagenknecht, das ein Jahr nach seiner Gründung erstmals in Hamburg antritt. Alle anderen Parteien würden zusammen auf vier Prozent kommen.

Für diese repräsentative Umfrage hat infratest dimap von Montag bis Mittwoch 1.308 wahlberechtigte Hamburger befragt. Dies ist die letzte Umfrage vor der Wahl für die ARD – traditionell zehn Tage vor dem Wahltag. Die Ergebnisse bieten jedoch keinen Vorhersagecharakter, sondern spiegeln die politische Stimmung wider. Da viele Wähler kurzfristig entscheiden, an wen sie ihre Stimme geben, sind bis zum Wahltag noch Bewegungen möglich.

Landespolitik bestimmt vorrangig Wahlentscheidung

Dass die SPD aktuell 32 Prozent in Aussicht hat, weckt bei der Partei keine Begeisterung. Es erinnert fast an 2004, als die SPD mit 30,5 Prozent ihr bis dahin schwächstes Nachkriegs-Ergebnis in der Hansestadt erreichte.

Der Grund, warum die Sozialdemokraten dennoch auf einen Wahlsieg hoffen, ist vielfältig. Hamburg ist traditionell eine ihrer Hochburgen: Seit 1957 regiert die SPD fast durchgehend im Senat, nur unterbrochen von 2001 bis 2011, als die CDU unter Ole von Beust an der Macht war.

Ein weiterer Grund ist: Sechs von zehn Hamburgern spielen bei ihrer Wahlentscheidung die Landespolitik eine größere Rolle als die Bundespolitik. Und mit dieser Landespolitik ist eine Mehrheit in Hamburg einverstanden. 59 Prozent der Befragten sind mit der Arbeit des rot-grünen Senats zufrieden. Zum Vergleich: Mit der Ampelregierung im Bund waren kurz vor deren Bruch Anfang November nur 14 Prozent zufrieden.

Der aktuelle Regierungschef kann sich auch auf einen Amtsbonus stützen: Würden die Hamburger ihren Ersten Bürgermeister direkt wählen, würden sich fast 49 Prozent für Tschentscher entscheiden. Jeweils 16 Prozent wären für Katharina Fegebank (Grüne) und Dennis Thering (CDU). Fegebank ist derzeit Zweite Bürgermeisterin und Senatorin für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke, während Thering der Fraktionschef der CDU in der Hamburger Bürgerschaft ist.

Zuspruch für Tschentscher über Parteigrenzen hinweg

Mit 91 Prozent spricht sich nicht nur eine überwältigende Mehrheit der SPD-Anhänger für Tschentscher aus. Auch die Anhänger des grünen Koalitionspartners sind geteilter Meinung: 48 Prozent gaben an, dass ihre eigene Kandidatin Fegebank künftig Erste Bürgermeisterin sein sollte, während 41 Prozent für Tschentscher plädieren. CDU-Kandidat Thering erhält bei seinen eigenen Parteianhängern mit 58 Prozent etwas mehr Unterstützung, jedoch würde ebenfalls mehr als jeder vierte CDU-Anhänger sich im direkten Vergleich für Tschentscher entscheiden.

Thering hat in den letzten fünf Jahren die CDU-Fraktion in der Bürgerschaft geleitet, konnte aber die Rolle des Oppositionsführers nicht effektiv zur Profilbildung nutzen. Im HamburgTrend zu Beginn des Monats war er nur jedem zweiten wahlberechtigten Bürger bekannt.

Knappe Mehrheit für Fortsetzung von Rot-Grün

Sollte das Wahlergebnis der gegenwärtigen Sonntagsfrage entsprechen, hätte Tschentschers SPD sowohl mit den Grünen als auch mit der CDU eine Mehrheit in der Bürgerschaft. Eine knappe Mehrheit (52 Prozent) der Hamburger würde sich für die Fortsetzung des rot-grünen Senats aussprechen, während 40 Prozent ein Bündnis aus SPD und CDU bevorzugen würden.

Bei den Anhängern der Sozialdemokraten ist die Meinung klar: 71 Prozent der SPD-Anhänger unterstützen ein Rot-Grün-Bündnis, während gut jeder Vierte (27 Prozent) für Rot-Schwarz ist. 88 Prozent der Anhänger der Linkspartei präferieren Rot-Grün, während 76 Prozent der AfD-Anhänger Rot-Schwarz bevorzugen.

Mehrheiten für Grün oder Schwarz unter eigener Führung – mögliche Machtoptionen, die für Tschentschers Amtsvorgänger Scholz im Bund aktuell unerreichbar scheinen.

Untersuchungsanlage

Grundgesamtheit: Wahlberechtigte im Land Hamburg (ab 16 Jahren)
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung
Erhebungszeitraum: 17. bis 19. Februar 2025
Fallzahl: 1.308 Befragte (768 Telefoninterviews und 540 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten
Sonntagsfrage mit separater Gewichtung
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent, 3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap

Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Bei allen repräsentativen Befragungen sollten Schwankungsbreiten berücksichtigt werden, die bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte und bei kleineren Parteien etwa einen Punkt betragen. Der Rundungsfehler für kleine Parteien ist erheblich, weshalb keine Partei in der Sonntagsfrage unter drei Prozent ausgewiesen wird.

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