Die beiden verheerenden Fehler von Stefan Raab
Berlin. Abor & Tynna werden Deutschland beim ESC 2025 vertreten. Nach großen Ambitionen von Stefan Raab scheint er jedoch gescheitert zu sein. Was sind seine Fehler?
Die Entscheidung ist gefallen: Abor & Tynna werden Deutschland beim ESC 2025 in der Schweiz vertreten. Die Geschwister aus Wien haben den deutschen Vorentscheid gewonnen, der in diesem Jahr unter dem Titel „Chefsache ESC 2025“ von Stefan Raab geleitet wurde. Der Entertainer hatte zu Beginn großspurig erklärt, dass ein Sieg beim Song Contest das Ziel sei – andernfalls wäre ein Antreten nicht nötig. Zwar ist noch unklar, wie Abor & Tynna letztlich abschneiden werden, doch Raab hat offenbar mit dem Ziel, Deutschland nach vorne zu bringen, gefailt.
Es erscheint unwahrscheinlich, dass die Österreicher mehr als nur im Mittelfeld landen. In den Wettquoten – traditionell ein guter Indikator für das finale Ergebnis – fiel Deutschland zuletzt auf Platz 21. Wird es am Ende erneut ein katastrophales Ergebnis für den deutschen Beitrag geben? Schuld daran dürfte in erster Linie Stefan Raab sein, der im Vorentscheid zwei gravierende Fehler gemacht hat.
Raabs erster Fehler im ESC-Vorentscheid: Zu wenig Fokus auf die Lieder
Stefan Raab schien bei der Auswahl der Künstlerinnen und Künstler vor allem auf deren Talent zu setzen. Das ist positiv, denn beim Eurovision Song Contest will niemand schiefe Töne hören. Es ist ihm gelungen, viele talentierte Musikerinnen und Musiker auf die Bühne zu bringen.
Doch Raab hat anscheinend völlig vergessen, dass es beim Song Contest, der nicht ohne Grund so heißt, auch um die Lieder geht. Trotz allem Talent konnte bei „Chefsache ESC 2025“ nicht übersehen werden, dass die Songs eher mittelmäßig waren. Ein Paradebeispiel: die Sängerin Cage. Mit ihrer großartigen Stimme hätte sie auf der ESC-Bühne überzeugen können, jedoch war ihr selbstgeschriebener Song so schwach, dass sie bereits im Halbfinale ausschied.
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Auch die Songs, die es ins Finale schafften, konnten nicht wirklich überzeugen. Warum wurden keine internationalen Songwriter ins Boot geholt? Weshalb hat sich Stefan Raab, der zuletzt mit seinem Song „Was ist Bubatz“ über Friedrich Merz sein Gespür für Musik und Ohrwürmer wieder unter Beweis stellte, nicht selbst stärker eingebracht?
Raabs zweiter Fehler im ESC-Vorentscheid: Die Innovation blieb aus
Außerdem hat Raab mit „Chefsache ESC 2025“ lediglich auf Bekanntes gesetzt. Das gesamte Format wirkte wie aus einem 15 Jahre alten TV-Show-Baukasten zusammengestellt. In der Jury saßen bekannte Gesichter aus Castingshows, die man aus zahlreichen anderen Shows kennt. Moderiert wurde das Ganze von der omnipräsenten Barbara Schöneberger, die seit Jahren jeden deutschen Misserfolg schmerzlos wegmoderiert, als ginge es um ihr Leben.
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Wo blieb das Neue, Innovative, das Raab beim ESC-Vorentscheid schaffen sollte? Im Finale zeigte er selbst, dass er in der Vergangenheit hängen geblieben ist: So äußerte Raab gegenüber der Mittelalter-Metal-Band Feuerschwanz, Frauen würden mehr gefühlvolle Balladen bevorzugen. Eine sexistische und veraltete Aussage.
Allgemein betrachtet: Eine Zusammenarbeit mit RTL hätte in dieser Form nicht notwendig sein müssen. Eine altmodische Show hätte die ARD auch eigenständig auf die Beine stellen können. Alles wirkte aufgebrüht – und Aufgewärmtes schmeckt schließlich nur in Form von Gulasch.

Martin Nefzger ist Online-Redakteur in der FUNKE Zentralredaktion.
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Enttäuschung nach dem ESC-Vorentscheid: Ist das der Anfang vom Ende für Stefan Raab?
Generell: Was hat Raab bei diesem Vorentscheid eigentlich gemacht? Während er Lena 2010 als Mentor unterstützte und für das Finale von „Unser Star für Oslo“ sogar einen eigenen Song mit ihr schrieb, wirkte er diesmal nur als alternder Jury-Präsident, der auf der Couch saß und unpassende Kommentare abgab.
Für Abor & Tynnas Abschneiden beim ESC sind das keine guten Vorzeichen. Zwar waren sie mit Abstand der beste Act des Abends und ihr ESC-Song „Baller“ ist überraschend modern und ein Ohrwurm – doch kein wirklicher Anwärter auf den ESC-Sieg. Von Altmeister Raab erwartete man mehr.
Warum Stefan Raab ein bisschen wie Toast Hawaii ist
Sollte Deutschland erneut am Ende landen, wäre es besonders für den 58-Jährigen eine Katastrophe: Sein groß angelegtes TV-Comeback will einfach nicht gelingen, die Quoten für seine RTL-Show „Du gewinnst hier nicht die Million“ fallen seit längerem. Ist die Zeit des einst provokanten ProSieben-Stars möglicherweise schlicht vorbei? Für den ESC scheint Raabs Abschied jedenfalls besiegelt: Die ARD hatte bereits vor dem Vorentscheid angekündigt, die Zusammenarbeit nur im Falle eines Sieges fortzusetzen. Dass es dazu kommt, scheint ausgeschlossen. Auch bei RTL könnte das Thema Raab mittlerweile für Bauchschmerzen sorgen.
Vielleicht ist Raab weniger Gulasch, sondern mehr Toast Hawaii: einst modern und jetzt, aufgewärmt, einfach nur altes Brot.