Freie Wähler lehnen Entspannung der Schuldenbremse ab
Widerspruch vom kleinen Koalitionspartner der CSU gegen die schwarz-roten Pläne zur Lockerung der Schuldenbremse: Die Freien Wähler haben nach einer Sondersitzung angekündigt, den Vorschlägen in ihrer aktuellen Form nicht zuzustimmen. „Wir setzen uns für die Schuldenbremse ein“, betonte Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl in München, was auch im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern in Bayern festgehalten wurde. Eine Aufweichung oder Lockerung sei nicht akzeptabel. Derzeit vermisse man in Berlin Debatten über die notwendigen Strukturreformen. Es müsse auch klar sein, wie Einsparungen erzielt werden könnten.
Auch Parteichef Hubert Aiwanger stellte klar: „Wir sagen nein.“ Aus der Sicht der Freien Wähler stellen die Pläne „mehr Risiko als Chance“ dar, da eine Gefährdung für die Wirtschaft und die Stabilität des Euro drohe. Im Hinblick auf eine Abstimmung im Bundesrat bedeutet dies: „Momentan sehen wir uns nicht in der Lage, dem zuzustimmen.“ Dadurch könnte Bayern im Bundesrat nicht für eine Lockerung der Schuldenbremse stimmen, und die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit wäre gefährdet. Aiwanger setzt nun auf Gespräche mit der CSU in den nächsten Tagen.
Freie Wähler mit eigenen Finanzierungskonzepten
Die Freien Wähler schlagen vor, Verteidigungsausgaben von bis zu zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts „über den Kernhaushalt“ zu finanzieren, wie Aiwanger erklärte. Zusätzlich könnte es ein „ordentliches Sondervermögen“ geben, wobei eine Summe von 400 Milliarden Euro vorstellbar ist – ohne die Schuldenbremse zu lockern. Die Schuldenbremse sei der Garant für Reformdruck.
Gemeinsam mit der SPD haben CSU und CDU in den Sondierungsgesprächen eine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben sowie ein Sondervermögen Infrastruktur vereinbart. Beides würde gemeinsam Schulden in Höhe von einer Billion Euro nach sich ziehen. Aiwanger hatte der Union aufgrund dieser Pläne bereits in der vergangenen Woche die „Glaubwürdigkeit eines Heiratsschwindlers“ attestiert, da sie bis zur Wahl eine Lockerung der Schuldenbremse abgelehnt hatte.
CSU zeigt Unverständnis für FW-Haltung
Dagegen stellte sich die CSU-Landtagsfraktion einstimmig hinter das Sondierungsergebnis von Union und SPD. „Wir sind der Meinung, dass Investitionen, Konsolidierung und Reformen gut für unser Land und unsere Kommunen sind“, sagte CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek im BR24-Interview. Aus diesem Grund könne er die Haltung der Freien Wähler „nicht ganz nachvollziehen“.
Holetschek erinnerte die Freien Wähler an ihre staatspolitische Verantwortung: „Wenn das scheitert, ist das auch ein Schaden für die Kommunen in Bayern. Und das wollen die Freien Wähler sicherlich nicht, da sie sich auch als Kommunalpartei sehen.“
In dieser „schwierigen Situation“ dürfe man sich nicht zerstreiten, sondern benötige eine Lösung, die das Land voranbringe, betonte der CSU-Fraktionschef. Diese Lösung hätten Union und SPD im Grunde genommen bereits gefunden. „Ich kann nur noch einmal warnen, dass man jetzt nicht untätig bleibt.“ Dies müssten die Freien Wähler eigentlich ebenfalls anstreben. Holetschek sieht die schwarz-orange Koalition nicht in Gefahr: Er geht von einer Einigung mit den Freien Wählern aus.
Änderung des Grundgesetzes erforderlich
Um die Schuldenbremse auf Bundesebene zu lockern, ist eine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Zunächst braucht es dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. Im alten Bundestag sind Union und SPD daher auf Stimmen der Grünen angewiesen, die am Montagmittag ebenfalls ihr Nein angekündigt haben.
Zusätzlich ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in der Länderkammer, dem Bundesrat, erforderlich. Enthaltungen von einzelnen Ländern zählen wie Nein-Stimmen. Damit im Bundesrat die sechs bayerischen Stimmen als „ja“ betrachtet werden, benötigt die CSU das Einverständnis der Freien Wähler.