Lichtstrahl am Nachthimmel stellte sich als Weltraummüll heraus | hessenschau.de
Über dem Nachthimmel in Hessen wurden rätselhafte Lichter beobachtet. Die Spur führt zum Raumfahrtunternehmen des US-Milliardärs Elon Musk.
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00:05 Min.||Simon Binnenmarsch (hr)
Lichter am Nachthimmel über Kassel
Weltraumschrott, der gut sichtbar über dem Kasseler Nachthimmel verglüht.
Bild © Simon Binnenmarsch (hr)
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Ein Lichtschweif über dem Nachthimmel sorgte am frühen Mittwochmorgen in Hessen für Aufregung. Auch in anderen Teilen Deutschlands war dieses Phänomen sichtbar.
Laut einem Sprecher des Weltraumkommandos der Bundeswehr handelte es sich um den unkontrollierten Wiedereintritt eines Teils einer Falcon-9-Rakete in die Atmosphäre. Es gebe keine Hinweise darauf, dass Trümmerteile auf Deutschland gefallen sein könnten, so der Sprecher. Die hessische Polizei bestätigte auf Anfrage von hr, dass sie ebenfalls über die Möglichkeit eines solchen Phänomens informiert war.
Auf der Webseite des Raumfahrtunternehmens SpaceX, das von Elon Musk betrieben wird, wurde bekanntgegeben, dass um 0:21 Uhr deutscher Zeit eine Falcon 9 23 Starlink-Satelliten in die erdnahe Umlaufbahn befördert hat. Bei der Falcon 9 ist die erste Raketenstufe – der sogenannte Booster – wiederverwendbar. Dieser wird nach seiner Abkopplung wieder gelandet. Die zweite Raketenstufe hingegen verglüht in der Atmosphäre.
„Ziemlich sicher Weltraumschrott“
Eine Einschätzung, die von hr-Weltraumexperte Dirk Wagner geteilt wird: „Für mich sieht das ziemlich sicher nach Weltraumschrott aus.“ Dieser habe sich offenbar beim Eintritt in die Atmosphäre zerlegt.
Typisch dafür sei, dass mehrere Objekte sichtbar waren, die einen Schweif hinter sich herzogen. „Das spricht für ein Objekt, das beim Eintritt in mehrere kleine Trümmer zerlegt wird, die dann – jeweils für sich – verglühen“, erklärte Wagner.
Im Gegensatz dazu hinterlässt ein Meteorit in der Erdatmosphäre oft eine Leuchtspur, die einer Sternschnuppe ähnelt und am Ende vielleicht noch zerplatzt.
Viele Anrufe bei UFO-Meldestelle
Das Himmelsphänomen war über Deutschland teils fast zwei Minuten lang sichtbar, erläuterte Hansjürgen Köhler von der UFO-Meldestelle CENAP in Lützelbach (Odenwald). Ab 4:48 Uhr hat sein Telefon nicht mehr stillgestanden, da zahlreiche Menschen ihm von dem Phänomen berichteten.
Von Hessen bis zur Nordsee gingen Meldungen bei CENAP, dem wissenschaftlich arbeitenden Centralen Erforschungs-Netz außergewöhnlicher Himmels-Phänomene, ein. Bis zum Vormittag hatten sich laut Köhler bereits etwa 120 Anrufer gemeldet.
„Wie in einem Science-Fiction-Film“
Ein Landwirt aus Lichtenfels (Waldeck-Frankenberg) berichtete auf hr3 von seiner Sichtung: „Das war schon irgendwie phänomenal.“ Er war gerade beim Düngen auf dem Feld, als er das Himmelsphänomen sah. „Es sah eher aus wie ein Science-Fiction-Film – als würden die Aliens landen.“
Er habe so etwas noch nie beobachtet. „Da hat sich etwas zerteilt, es haben sich Streifen glüht, in Weiß, Rot und Orange, und dann ist es langsam am Horizont verschwunden. Das war schon irgendwie phänomenal.“
ESA hat rund 40.000 Schrottobjekte auf dem Radar
Es ist nicht selten, Weltraumschrott zu sehen, erklärt Wagner. Er sprach von etwa 39.000 Weltraumschrott-Objekten, die derzeit von der europäischen Raumfahrtagentur ESA in Zusammenarbeit mit den Amerikanern beobachtet werden.
Laut dem Weltraumkommandos der Bundeswehr können diese Objekte über vielen Teilen der Welt verglühen – häufig geschieht dies über dem Meer, weshalb es kaum bemerkt wird. Die in der Nacht sichtbare Raketenstufe sei irgendwo über Nordirland oder Großbritannien in die Atmosphäre eingetreten und daher auch von Deutschland aus sichtbar gewesen.
Allerdings kommen solche Raketenteile fast nie auf der Erde nieder, wie ein Sprecher des Weltraumkommandos erklärte. „Es ist sehr, sehr selten, dass etwas den Wiedereintritt und das Verglühen übersteht.“ Es sei auch nicht zu erwarten, dass alle paar Tage ein solches Schauspiel am Himmel über Deutschland vorkommt, obwohl SpaceX derzeit mehrere Falcon-9-Raketen startet. Denn meistens landen die Raketenteile woanders.
Sichtungen in Hessen
Immer wieder gibt es auch in Hessen Sichtungen – ebenso wie Verwechslungen, beispielsweise mit Kondensstreifen von Flugzeugen, wie im März vergangenen Jahres.
Redaktion:
Anikke Fischer
Sendung:
hr INFO,
Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe