Staffel-Team feiert Bronze bei der Biathlon-Weltmeisterschaft
Die deutschen Biathlon-Männer haben ihre erste WM-Medaille gewonnen. In der Staffel bewahrte das deutsche Quartett die Nerven. Die Entscheidung fiel beim letzten Schießen, wobei der deutsche Schlussläufer Philipp Horn fehlerfrei blieb.
Die deutsche Männer-Staffel hat bei der Biathlon-WM die Bronze-Medaille erkämpft. Philipp Nawrath, Danilo Riethmüller, Johannes Kühn und Philipp Horn sicherten sich nach 4 x 7,5 Kilometern mit zehn Nachladern und ohne Strafrunde den dritten Platz.
Der Sieg ging an Norwegen mit Endre Stroemsheim, Tarjei Bö, Sturla Holm Laegreid und Johannes Thingnes Bö (0 Strafrunden, vier Nachlader / 1:18:18,1 Stunden). Silber holte Frankreich mit den Claude-Brüdern Emilien und Fabien sowie Eric Perrot und Quentin Fillon Maillet (0/7/+41,9 Sekunden). Die Deutschen hatten im Ziel einen Rückstand von 1:35,9 Minuten auf die siegenden Norweger und 18,1 Sekunden Vorsprung auf die viertplatzierten Schweden.
Horn: „Nee, Junge, heute ist Dein Tag“
„Ach Du Sch…, war das geil“, äußerte der Schlussläufer Horn nach dem Rennen in der Sportschau. Beim letzten Schießen kam es zu einem entscheidenden Duell um Bronze zwischen Horn und dem Schweden Sebastian Samuelsson. Horn sagte später, dass er kurz vor dem Schießen „fast einige negative Gedanken im Kopf“ hatte: „‚Schaffe ich das jetzt?‘ Aber dann dachte ich mir: ‚Nee, Junge, heute ist Dein Tag. So eine Chance hat man im Leben nicht oft. Reiß dich gefälligst zusammen‘.“ Horn blieb fehlerfrei und sicherte sich Bronze: „Ich hatte noch nie solche Schmerzen. Im Ziel ging es erstmal darum, mit dem Leben klarzukommen.“
Erste WM-Medaillen für Kühn, Nawrath und Riethmüller
Horn wurde im Ziel von seiner jubelnden Mannschaft empfangen. Bei Kühn flossen Freudentränen, der Ruhplodinger gewann bei seiner sechsten Weltmeisterschaft seine erste Medaille. Auch Riethmüller (bei seiner ersten WM) und Nawrath (bei seiner fünften WM) durften sich freuen. Für Horn war es die zweite WM-Medaille nach dem Staffel-Bronze im Jahr 2020.
Erster Läufer: Nawrath übergibt in Podestnähe
Deutschlands Startläufer Philipp Nawrath wurde mit der Taktik ins Rennen geschickt, sich in den beiden Schießeinlagen gut zu präsentieren, den Kontakt nach vorne zu halten und dann auf der Schlussrunde „richtig Dampf zu machen“, wie der deutsche Sportdirektor Felix Bitterling vor dem Rennen in der Sportschau erklärte. Aus diesem Grund bekam Nawrath den Vorzug vor dem schießstarken, aber läuferisch schwächeren Justus Strelow.
Die Taktik der Deutschen ging auf, zumindest auf der weichen Strecke in Lenzerheide. Nach einem Nachlader im Liegend-Schießen lag Nawrath auf Rang acht; mit drei Nachladern fiel der 32-Jährige auf Rang zehn zurück. Doch die rund 15 Sekunden Rückstand auf das Podest nach dem zweiten Schießen verkürzte Nawrath auf seiner Schlussrunde. Zwischenzeitlich lag der Deutsche auf Rang drei; beim ersten Wechsel war er Sechster, nur noch zwei Sekunden hinter Bronze.
„So medium“, sagte Nawrath nach dem Rennen auf die Frage, ob er mit seinem Rennen zufrieden sei: „Ich hätte gerne weniger Rückstand mitgegeben.“ Zu seinem Schießen bemerkte er: „Man will das Beste geben. Links und rechts geht es rund. Das konnte ich nicht ganz ausblenden.“ Und zu seinem Lauf auf der letzten Runde erklärte Nawrath, der in den vergangenen Tagen einen Infekt hatte: „Ich habe ziemlich riskiert, vom tiefsten auf den höchsten Punkt alles rausgehauen. Das musste ich ein bisschen büßen.“ Trotzdem hatte Nawrath die zweitbeste Laufzeit aller Startläufer.
Ganz vorne zeichnete sich bereits der Zweikampf zwischen Norwegen und Frankreich um Gold und Silber ab. Der Norweger Endre Stroemsheim, der die Startposition vom angestammten Startläufer Sturla Holm Laegreid übernahm, übergab nach zwei Nachladern mit 12,1 Sekunden Vorsprung an der Spitze. Zweiter war der Franzose Emilien Claude, der für Emilien Jacquelin ins Team gerutscht war.
Zweiter Läufer: Riethmüller behält Bronze im Blick
Danilo Riethmüller konnte als Zweiter den Rückstand der Deutschen auf das Podest nicht verringern; der Abstand wuchs aber auch nicht an. Mit einem Nachlader im Liegend- und zwei Nachladern im Stehend- schießen übergab der 25-Jährige als Fünfter mit knapp drei Sekunden Rückstand auf Johannes Kühn. Riethmüller, der gemeinsam mit Tarjei Bö, Fabien Claude und Lukas Hofer auf der Strecke war, hatte dabei die siebtbeste Laufzeit.
„Ich bin eigentlich zufrieden, aber mit dem Schießen kann ich nicht zufrieden sein. Das ist ein durchwachsenes Ergebnis“, sagte der Thüringer nach dem Rennen im Sportschau-Interview: „Ich habe versucht, rhythmusorientiert zu schießen. Aber manchmal fehlt mir der Mumm, das Schießen durchzuziehen.“
Noch vor Riethmüller bei der Übergabe lagen die Staffeln Norwegens, Frankreichs, Tschechiens und Italiens. Die durchaus mitfavorisierten Schweden lagen nur auf Rang zwölf; Jesper Nelin musste einmal in die Strafrunde. Tarjei Bö lag beim Wechsel 25,9 Sekunden vor Claude und 51,8 Sekunden vor Riethmüller.
Dritter Läufer: Perfektes Schießen von Kühn
Johannes Kühn brachte die Deutschen endgültig auf Bronzekurs. Mit einem perfekten Schießen ohne Nachlader übertraf der 33-Jährige alle Erwartungen. Kühn, der im Weltcup eine Trefferquote von nur 83 Prozent hat und im Stehenden sogar nur 72 Prozent der Scheiben traf, zeigte sich diesmal fehlerfrei.
„Am Schießstand war es eine meiner besten Staffeln; auf der Strecke war es schwer“, berichtete Kühn nach dem Rennen. „Am Ende war nichts mehr da. Es war unfassbar langsam und warm. Ich habe mir gestern viele Gedanken gemacht, wie ich über die letzte Kuppe komme. Aber dass ich so blau bin, hätte ich nicht gedacht.“ Der Bayer erklärte, dass er auf der Strecke ans Ende seiner Kräfte kam.
Dennoch war Kühn läuferisch als Fünfter seiner Runde gewohnt stark, sodass er beim Wechsel dem deutschen Schlussläufer Philipp Horn als Dritter einen Vorsprung von rund 13 Sekunden auf die Schweden mitgeben konnte. Für die Schweden verkleinerten sich die Lücke aufs Podest unterdessen, während die USA auf dem fünften Platz übergaben.
Ganz vorn lief Sturla Holm Laegreid ein einsames Rennen. Fehlerfrei am Schießstand übergab der Norweger mit einem Vorsprung von 46,5 Sekunden auf den Franzosen Eric Perrot. Die Deutschen lagen beim Wechsel 1:42,6 Minuten hinter Norwegen.
Vierter Läufer: Horn stehend megastark
Schlussläufer Philipp Horn musste sich im Kampf um Bronze gegen den starken Schweden Sebastian Samuelsson behaupten. Liegend zitterte Horn dabei; erst mit drei Nachladern ging der Thüringer wieder auf die Strecke. Samuelsson musste nur einmal nachladen. Horn ging knapp zwei Sekunden vor dem Schweden auf die Strecke.
Beide erreichten fast gleichzeitig das Stehendschießen, wo Horn nervenstark und perfekt auftrat. Samuelsson musste dagegen einmal nachladen. Mit 13,6 Sekunden Vorsprung ging Horn auf die Schlussrunde – und diesen Vorteil ließ sich der Deutsche nicht mehr nehmen.
Bö-Schaulaufen bei letzter WM-Staffel
Ganz vorne lief Johannes Thingnes Bö im letzten WM-Staffelrennen seiner Karriere ein einsames Rennen. Nach dem zweiten fehlerfreien Schießen jubelte er mit großem Vorsprung und Siegerfaust bereits am Schießstand. Die Schlussrunde ins Ziel wurde für Bö zu einem Triumphlauf, während er immer wieder ins Publikum winkte.