Wellinger triumphiert im spannenden Skisprung und sichert sich WM-Silber
Großer Jubel im deutschen Skisprung-Team: Nach schwierigen Monaten haben die DSV-Adler den Sprung aus der Krise bei der Nordischen Ski-WM in Norwegen geschafft. Am Sonntag (02.03.2025) begeisterten Andreas Wellinger und Karl Geiger bei der WM-Entscheidung von der Normalschanze.
„Absturz“, „nächste Enttäuschung“, „Drama“ – die Schlagzeilen, die den deutschen Skispringern in den letzten Wochen um die Ohren flogen, waren schmerzhaft. Umso schöner ist es, dass die DSV-Weitenjäger beim Saisonhöhepunkt den Turnaround schafften.
Andreas Wellinger errang bei der ersten WM-Einzelentscheidung in Trondheim die Silbermedaille, während Karl Geiger als Vierter knapp an einer Medaille vorbeiflog. Dennoch zeigte Geiger eine hervorragende Leistung und erlöste Bundestrainer Stefan Horngacher, der zuvor scharf kritisiert worden war. Neuer Weltmeister ist der Norweger Marius Lindvik, Bronze ging an Jan Hörl.
„Die Jungs haben einen tollen Job gemacht. Wir haben in den letzten Wochen richtig Gas gegeben. Mit einer Medaille gehen viele Dinge viel leichter“, atmete Horngacher im ZDF auf. Geiger war „echt stolz“ auf seine Leistung, „aber der vierte Platz ist bei der WM bitter“, sagte der Oberstdorfer. „Es waren acht Wochen, die beschissen waren. Hier habe ich vom ersten Sprung performt. Ich hab Silber gewonnen und nicht Gold verloren. Was ich mir vorgenommen habe, hat funktioniert“, freute sich Silber-Held Wellinger.
Kopf-an-Kopf-Rennen um den Sieg
Es war ein packender Wettbewerb, in dem vor dem Finale sieben Springer innerhalb von zehn Punkten beisammen lagen. Wellinger (2.) und Geiger (5.) waren mittendrin. Wellinger erwischte im ersten Durchgang einen nahezu perfekten Sprung auf 106,5 Meter – und das, obwohl im Hang die Wind-Unterstützung fehlte. Geiger kam auf 105,5 Meter.
Neben Wellinger und Geiger waren auch zwei Norweger, zwei Österreicher und ein Japaner im Kampf um die Medaillen dabei. Marius Lindvik stellte mit 108 Metern einen neuen Schanzenrekord auf und lag auf Goldkurs. Auch Jan Hörl (3. Platz/107 m), Johann André Forfang (4. Platz/107 m), Stefan Kraft (6. Platz/106 m) und Ryoyu Kobayashi (7. Platz/104 m) durften sich Hoffnungen auf Edelmetall machen.
Geiger verpasst Bronze haarscharf
Im Finale musste Kobayashi als Erster im Kreis der Medaillen-Kandidaten antreten. Schnell war klar, dass 103,5 Meter nicht reichen würden. Kraft (101 m), der gleich danach sprang, setzte sich vor den Japaner. Die Pole Position hielt nur kurz: Mit 102 Metern flog Geiger auf den Spitzenplatz.
Forfang folgte, ihm gelang kein Glanzsprung – mit 100,5 Metern setzte er sich jedoch knapp hinter Geiger. Hörl überholte Geiger mit 102 Metern und hatte eine Medaille sicher. Nur welche? Wellinger und Lindvik waren noch oben. Wellinger lieferte mit 104,5 Metern ab, während Lindvik exakt genauso weit sprang, aber vom Vorsprung profitierte und den Weltmeistertitel feierte.
Wellingers Medaille hatte sich bereits im Training und der Qualifikation angedeutet. Der 29-Jährige, der die kleinen Schanzen liebt, war stets im Spitzenfeld dabei. Plötzlich lief es wie von selbst. Verkrampftheit und Selbstzweifel, die dem Deutschen zuletzt im Weg standen, waren wie weggeblasen. Die Form rettete Wellinger – er hatte bereits 2023 bei der WM Silber von der Normalschanze geholt.
Kleinschanzen-Karle sticht
Auch Karl Geiger konnte endlich wieder lachen. Der Kleinschanzen-Karle, wie er wegen seiner Absprungkraft genannt wird, machte am Schanzentisch alles richtig, nutzte den Aufwind und landete im ersten Durchgang bei 105,5 Metern und damit in der Spitzengruppe. Als Fünfter zur Halbzeit hatte Geiger nur 1,3 Punkte Rückstand auf den Bronzeplatz. Das Feld war jedoch extrem dicht beisammen. Im Finale überzeugte Geiger mit 102 Metern – die Medaille verpasste er am Ende um knapp drei Punkte.
Karl Geiger sprang in Trondheim aus der Krise.
„Später“ Raimund ohne Medaillenchance
Philipp Raimund war nach guten Trainingssprüngen voller Euphorie und hatte sich einen Podestplatz erhofft, wenn ihm zwei Topsprünge gelungen wären. Der Medaillen-Traum platzte jedoch schon nach dem ersten Versuch. 99 Meter waren solide, aber eben nicht der benötigte Ausreißer nach oben. Der 24-jährige Weitenjäger vom SC Oberstdorf lag zur Halbzeit auf dem 20. Platz und war verärgert: „Ich bin viel zu spät gewesen und dann bringt mir meine ganze Kraft nichts mehr.“
Im Finale war Raimund pünktlicher und landete jedoch wieder bei 99 Metern. „Im Training war ich immer in den Top Ten, das Potential war also da“, sagte Raimund, der sich über seinen 15. Platz nicht richtig freuen konnte.
Paschke zittert sich ins Finale
Pius Paschke, der zu Saisonbeginn der Überflieger war, zitterte sich mit 96,5 Metern als 30. in den zweiten Durchgang und hatte auch bei seinem zweiten Versuch zu kämpfen: Mit 89 Metern bei schwierigen Bedingungen ging es für den Routinier, der sich auf der großen Schanze wohler fühlt, nicht voran. „Das Ergebnis ist leider nicht zufriedenstellend“, sagte Paschke, der zudem mit einer Erkältung kämpft, im ZDF.
Oldie Ammann mit 13. WM-Teilnahme
Den zweiten Durchgang verpasste dagegen Skisprung-Oldie Simon Ammann, der zuletzt von der Bildfläche verschwunden war, jedoch bei der WM wieder auftauchte. Der 43-Jährige setzte sich in der internen Qualifikation der Schweizer durch, sprang aber bei seiner 13. WM-Teilnahme mit 92,5 Metern klar am Finale der besten 30 vorbei. Dennoch hatte er Grund zum Jubeln: Ammann gelang es, ins Buch der Rekorde einzutragen, denn nur Noriaki Kasai aus Japan hat ebenfalls 13 Starts bei einer WM geschafft.